Die Wirtefolge der Anbauerstelle “Orthmann”.
1892 - 1918
Johann Friedrich Reinke *1844 +1918
1918- 1919
Anna Sophie Reinke geb.Grüber *1855 +1933
1919 - 1970
Frida Dora Schröder geb.Reinke *1898 +1988
1970 - 1986
Hans Wilhelm Schröder *1921 +1986
1986 - 1990
Dorothea Erna Schröder geb.Lüdemann *1924 +1990
1991
Verkauf durch die Erben Dieta und Rolf Schröder
Die Anbauerstelle “Orthmann” um 1950
Eine vielversprechende Zukunft steht Johann Friedrich
Reinke bevor, als er im September 1844 auf dem "Harm-Hof" in
Schwalingen No.25 zur Welt kommt. Er kann seine Eltern, den Neubauer Hans
Hinrich Reinke und dessen Ehefrau Anna Margarethe, eine geborene von Fintel
vom Schwalinger Halbhof "Fintelmann", mit seiner Geburt ein wenig über ihren
Schmerz hinwegtrösten - vor wenigen Monaten ist ihr Erstgeborener und
Anerbe Peter Hinrich Christoph mit 1.1/2 Jahren verstorben.
Da nun die Erbfolge wieder gesichert ist, geht Hans Hinrich Reinke
zuversichtlich an die Planung der Zukunft für seine Familie und seine
Neubauerstelle. Es ist nämlich die Zeit der Gemeinheitsteilung und Verkoppe-
lung in Schwalingen und Hans Hinrich Reinke hat erfahren, dass sich durch die
Gemeinheitsteilung sein Grundbesitz erheblich vergößrern wird, von derzeit
etwa 2,3 Hektar auf mehr als 11,5 Hektar.
Hans Hinrich Reinke trifft eine große Entscheidung: Er entschließt sich,
östlich des Schwalinger Baches, nahe seiner zukünftigen Wirtschaftsflächen, in
der Flur "Im Riep", eine neue Hofstelle zu errichten, dorthin umzusiedeln und
den alten "Harm-Hof" zu verkaufen.
Und nicht nur das: Er errichtet dort, am östlichen Rand des Dorfes, jenseits
des Schwalinger Baches, ein Niedersächsisches Hallenhaus für seine Landwirt-
schaft, aber auch groß genug, um zusätzlich eine Gastwirtschaft zu betreiben. Es
wird beachtliche 17,5 x 11,0m lang und breit.Und auch eine Scheune wird gebaut,
8,8 x 7,6m lang und breit. Am 20.Juli 1846 ist der große Tag, das neue Wohnhaus
wird gerichtet, Schwalingen No.33.
Zusätzlich zu der erheblich vergößerten Landwirtschaft trägt auch die
Gastwirtschaft zum wirtschaftlichen Erfolg von Hans Hinrich Reinke bei. Sie
wird gerne von Gästen angesteuert, die den "Wunderdoktor" Heinrich Christoph
Witte auf dem nachbarlichen "Peetz-Hof" als Patienten aufsuchen. 1862 wird das
Wohnhaus um gut 2m verlängert, es misst nun 19,6m x 11m Länge und Breite.
Und die Scheune wird um einen Stallteil erweitert, in dem nun die Schweine aus
dem Wohnhaus untergebracht werden. Sie wird um ganze 4 m verlängert, auf 12
x 7,6m Länge und Breite.
In den späteren 1860er Jahren verändert sich die bisher so gute Lage. Die
Patienten des "Wunderdoktors" auf dem "Peetz-Hof" wenden sich mehr und
mehr seinem Neffen und Nachfolger Hinrich Christoph Witte auf dem "Schün-
Hof" am anderen Ende des Dorfes zu, zu weit für einen Fußmarsch der
Patienten. Und als dann 1866 der Halbhöfner Johann Hinrich Gebers auf
seinem "Cohrs-Hof", nahe des "Schün-Hofes", auch noch eine Gastwirtschaft
einrichtet, verliert wohl die Gastwirtschaft von Hans Hinrich Reinke an
Bedeutung.
1866, im Deutschen Krieg, geht das Königreich Hannover unter und wird
zur Provinz Hannover im Königreich Preußen. In diesem Jahr entschließt sich
Hans Hinrich Reinke, seinen jüngsten Sohn, den 19jährigen Peter Hinrich
Christoph Reinke nach Amerika auswandern zu lassen - vielleicht um ihn vor
dem drohenden preußischen Militärdienst zu schützen ? Schon zwei Jahre nach
seiner Abreise stehen die Zeichen tatsächlich auf Krieg zwischen Preußen und
Frankreich. Jedenfalls war es für Peter Hinrich Christopher eine gute Entschei-
dung, denn in späteren Jahren wird er in Nebraska ein erfolgreicher Farmer.
Was auch immer die wirklichen Gründe waren, Hans Hinrich Reinke
entschließt sich jedenfalls in dieser Umbruchzeit um 1870, seine Neubauerstelle
nicht seinem Sohn und Anerben Johann Friedrich Reinke zu vererben, sondern
sie zu verkaufen. Im Mai 1871, mitten im Deutsch-Französischen Krieg, schließt
Hans Hinrich Reinke in seinem 59.Lebensjahr den Verkaufsvertrag über seine
Neubauerstelle mit dem Kaufmann Johann Friedrich Söhnholz, der mit seiner
Familie aus Müden nach Schwalingen umsiedelt.
Als das alles geschieht, ist Johann Friedrich Reinke 26 Jahre alt und muss
sich nun eine eigene Zukunft schaffen. Es gibt Nachrichten, dass er sich als
Knecht auf dem nachbarlichen Halbhof "Born" verdingt und nebenbei, wie viele
andere Schwalinger auch, "auf Handel" geht.
Als Johann Friedrich Reinke im März 1878, nun 33 Jahre alt, die 23jährige
Anna Sophie Grüber, Tochter des Schwalinger Anbauers Heinrich Christoph
Grüber heiratet, vermerkt der Neuenkirchener Standesbeamte den Beruf von
Johann Friedrich Reinke mit "Handelsmann" in der Heiratsurkunde. Und einer
der Trauzeuge ist der 27jährige Haussohn Friedrich Lünzmann vom "Born-Hof"
zu Schwalingen.
Bis zum Beginn der 1890er Jahre lebt Johann Friedrich Reinke mit seiner
Familie als Häusling auf dem "Born-Hof", wohl in dem Häuslingshaus am
Schwalinger Bach, heute Schwalingen No.86. 6 ihrer 8 Mädchen werden hier
geboren.
In diesen Jahren als Häusling auf dem "Born-Hof" arbeitet Johann Friedrich
Reinke darauf hin, sich als Anbauer in Schwalingen selbständig zu machen. Er
erwirbt aus der Masse des aufgegebenen und parzellierten Halbhofes "Lümas"
ein Grundstück in der Flur "In der Reith", etwa 1 Hektar groß. Und als 1879 auch
der Halbhof "Eggers" zersplittert wird, kauft Johann Friedrich Reinke zwei
Parzellen am "Blesch", gut 3 Hektar groß. Das eine Flurstück liegt höher am
Hang des "Blesch". Das andere auf einem Sandsporn in der Spitze zwischen dem
Weg über den "Blesch"nach Sprengel und dem Reith-Weg.
Auf diesem Sandsporn errichtet Johann Friedrich Reinke
im Jahre 1892 seine neue Anbauerstelle. Wohl, weil die
Hofstelle am Ende des Dorfes in dieser Spitze des Flurstücke zwischen den
beiden Wegen liegt, geben die Schwalingen ihr den Hofnamen "Orthmann", sie
erhält die Haus-No.51. Als Wohn- und Wirtschaftgebäude erwirbt Johann
Friedrich Reinke vom Schwalinger Halbhöfner Christoph Gebers das alte
Häuslinghaus von dessen "Cohrs-Hof". Es wird auf die neue Hofstelle umgesetzt.
Johann Friedrich Reinke hat sein Lebensziel erreicht. Er ist selbständiger
Anbauer in Schwalingen. Zu seiner Hofstelle gehören 4 Hektar Land, meist
Ackerland. Um den Lebensunterhalt seiner großen Familie bestreiten zu
können, wird er aber wohl weiterhin auf dem "Born-Hof" in Arbeit gestanden
haben. Und auch als Musiker verdient er sich ein Zubrot, wie erzählt wird, was in
Schwalinger in dieser Zeit durchaus nicht unüblich war.
Kurz vor Ende des 1.Weltkrieges, im Mai 1918 stirbt Johann Friedrich Reinke
auf seinem "Orthmann-Hof". Mit ihm stirbt die Reinke-Familie in Schwalingen
aus. Seine Witwe Anna-Sophie und seine jüngste Tochter Frida Dora, gerade 20
Jahre alt und unverheiratet, bleiben allein auf dem "Orthmann-Hof" zurück.
Im November 1919 verständigen sich Anna Sophie Reinke, geborene Grüber,
und ihre 8 Töchter über die Zukunft des "Orthmann-Hofes": Frida Dora, die
jüngste Tochter, wird Alleineigentümerin und damit im Alter von 21 Jahren
Anbauerin zu Schwalingen. Ihre 7 Schwestern werden ausbezahlt, ihre Mutter
erhält ein Altenteil auf dem "Orthmann-Hof".
Im folgenden Jahr, im November 1920 heiratet Frida Dora Reinke den
gleichaltrigen Zimmerer-Gesellen Johannes Hinrich Wilhelm Schröder aus
Schneverdingen. Aber er übt seinen erlernten Beruf nicht aus, sondern fährt mit
dem Fahrrad "auf Handel" in die umliegenden Dörfer und verkauft Schuhe und
Strümpfe. Die Wirtschaft auf dem "Orthmann-Hof" besorgt seine Ehefrau Frida
Dora. Und seine Schwiegermutter Anna Sophie Reinke stellt Filzpantoffel her,
mit denen er handelt.
Die Anbauerstelle “Orthmann” um 1910, mit dem Gründer
Johann Friedrich Reinke,seiner Ehefrau Sophie geb. Grüber
und der jüngsten Tochter Frida Dora.
Im August 1936 zerstört ein Brand erst die
Scheune und dann auch das Wohnhaus der
Anbauerstelle - der "Orthmann-Hof" brennt vollständig ab. Hans Wilhelm
Schröder, der Anerbe des "Orthmann-Hofes" ist 15 Jahre alt - im Dorf wird
erzählt, die 3 "Orthmanns-Kinder hätten in der Scheune mit Feuer gespielt.
Aber die strenge Befragung der Kinder durch den Polizeimeister Wenner aus
Neuenkirchen erhellt die Brandursache nicht.
Die Nachbarfamilie Steinke auf der Neubauerstelle Schwalingen No.33,
dem früheren Hof des Großvaters von Frida Dora, bietet der Familie
Schröder Unterkunft zur Überbrückung des Unglücks. Schon 1 Monat später
geben Frida Dora und Johannes Schröder bei dem Teweler Bauunternehmer
Wilhelm Böhling den Neubau ihres Wohn- und Wirtschaftsgebäudes in
Auftrag. Die Maurerarbeiten führt Hinrich Lünsmann aus Schwalingen aus.
Im Frühjahr 1937 kann die Familie Schröder das neue Haus beziehen.
Bei Kriegsbeginn 1939 meldet sich Hans Wilhelm Schröder mit 18 Jahren
als "Freiwilliger" zum Wehrdienst bei der Luftwaffe. Nach dem Krieg und
tschechischer Gefangenschaft kehrt er nach Schwalingen unversehrt zurück.
Ohne Berufsausbildung nimmt er eine Stellung als Knecht auf dem nachbar-
lichen Halbhof "Born" bei August Lünzmann an. In späteren Jahren ist er
Hafenarbeiter in Hamburg, dann Facharbeiter. 1970 überschreibt seine
Mutter Frida Dora, sie ist bereits 72 Jahre alt, ihm den "Orthmanns-Hof"
zum Eigentum.
Die beiden Kinder Dieta und Rolf von Hans Wilhem Schröder und
seiner Ehefrau Dorothea Erna, geborene Lüdemann aus Söhlingen, - sie
heirateten im November 1948 - verlassen den "Orthmann-Hof" Anfang der
1970er Jahre. Nach dem Tod ihrer Eltern verkaufen sie die Hofstelle 1991 an
einen Auswärtigen, der sie sich als Altersruhesitz herrichtet.
Die Lage der Anbauerstelle “Ortmann”
auf einer Karte von 1899
Die Anbauerstelle “Orthmann” um 1920
Gründer Reinke
Frida Dora, Tochter des Gründers
der Anbauerstelle “Orthmanns”
Johann Friedrich Reinke
mit ihrem Ehemann Johannes Schröder
auf ihrem Hof im Jahre 1957
Brand und Neubeginn
Vorgeschichte
Die Anbauerstelle ‘Orthmann’
im Heidedorf Schwalingen